Aus dem Sanella-Album Australien Neuseeland

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Seite 29

Holzfäller beim Fällen eines Karribaumes

Freddy legt ein paar dicke, trockene Äste in das flackernde Feuer. "Es gab Rückschläge durch Dürren und erbitterte Kämpfe mit den Eingeborenen, die verbissen um ihr Land kämpften. Ihr Anführer war Yagan, ein junger und kühner Australneger, der die Weißen leidenschaftlich bekämpfte. Immer wieder stachelte er seine Landsleute zum Widerstand gegen die weißen Eindringlinge auf. Die Weißen achteten Yagan. Er war ein anständiger Gegner und verteidigte schließlich nur sein Land. 1830 griff Yagan mit allen seinen Leuten die junge Siedlung Perth an. Nach einem harten, langen Kampf wurde der Angriff blutig abgeschlagen. Yagan zog sich mit den überlebenden Eingeborenen in den Busch zurück. "Weiß man, was aus Yagan wurde?" fragt ein Junge, der fortwährend Kaugummi futtert und aus Adelaide kommt. "Ja - aber das ist keine schöne Geschichte", sagt Freddy ernst. "Auf einem Streifzug mit mehreren seiner Leute traf er zwei Weiße im Busch - ohne Wasser und Nahrung. Er tötete sie nicht, obwohl sie seine Todfeinde waren, sondern teilte sein Essen mit ihnen. Die Weißen kannten ihn - denn Yagan war berühmt. Einer der beiden zog plötzlich die Pistole und erschoß ihn. Der Mörder wurde natürlich von den Eingeborenen niedergemacht; aber Yagan war tot. Als bekannt wurde, wie Yagan ums Leben gekommen war, waren die anständigen Weißen ehrlich betroffen. Denn Yagan hatte das Gesetz des Busches-Hilfe zu leisten, wenn ein Mensch verdurstet - gehalten, der Weiße nicht!" Still und ein wenig bedrückt gehen wir in die Zelte. Leise verklingt das Motorengeräusch von Steves Wagen, der mit der Schnabeltiertonne nach Perth zurückfährt.

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Giganten, Grasbäume und Gold

Freddy hat recht. Als wir am nächsten Tag mit einer kleinen Gruppe von Boy=Scouts nach Süden in das Gebiet der Baumriesen fahren, kommen wir aus dem Staunen nicht heraus. 80, 90, ja 100 Meter hoch sind die gigantischen Karribäume, aus deren Holz man Schiffe baut und eisenhartes Straßenpflaster schneidet. Die Stämme sind oft so dick, daß wir 9 oder 10 Jungen brauchen, um mit ausgestreckten Armen den Baum umfassen zu können. Zwischen den silbergrauen Karribäumen stehen die schlanken Stämme der Jarrahs. Sie werden "nur" 40 bis 50 Meter hoch. Aber auch ihr Holz ist wegen seiner wunderschönen Maserung sehr begehrt. Immer wieder treffen wir in den Wäldern zwischen Perth, Augusta und Albany auf Holzfäller. Endlos lange dauert es, bis sie mit ihren Äxten eine breite und tiefe Kerbe in den Stamm geschlagen haben und bis sich schließlich die Motorsäge durch das Holz hindurchgefressen hat. Und auf einmal ist es dann soweit! "Aufpassen!" ruft Freddy. Wir springen zur Seite. Ein Zittern geht durch den gewaltigen Baum. Die Krone beginnt zu schwanken. Und dann stürzt der Gigant mit ohrenbetäubendem Krachen - andere Stämme mitreißend - auf den Waldboden nieder! Aufgescheuchte Kakadus schimpfen kreischend, und Kaninchen hoppeln erschreckt zur Seite. Nach zwei Tagen geht es zurück. Als wir aus dem dichten Wald herauskommen, fahren wir-abseits der Hauptstraße - mehrere Stunden lang durch ein Gebiet, das aussieht, wie eine Geisterlandschaft. Bäume, kahl und ohne Laub, recken ihre nackten, grauen Äste in die Luft. Ein entsetzlich trauriges Bild, diese toten und sterbenden Bäume! "Das ist das Ergebnis des ,Ringbarking'', erklärt Steve. "Das ist die einfachste Methode, das Land für den Ackerbau zu roden.

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Die Siedler schneiden aus der Rinde einen breiten Ring heraus. Dann stirbt der Baum und kann mit seinen meterlangen Wurzeln kein Wasser mehr aus dem Boden saugen, das man für das Weidefutter oder den Weizen dringend braucht. Ist der Baum kahl und genügend trocken, dann legt man rundherum ein Feuer an und verbrennt ihn." "Ja, aber warum verwendet man das Holz nicht, wenn es so wertvoll ist?" fragt Klaus verwundert. "Das ,Ringbarking' ist Gott sei Dank selten geworden, seitdem man technische Hilfsmittel hat, das Holz zu verarbeiten und zu transportieren. Aber wenn die Entfernung zum nächsten Sägewerk zu groß ist, dann sind die Transportkosten zu hoch, und dann ist das ,Ringbarking' immer noch die einfachste und billigste Methode, das Land für den Ackerbau vorzubereiten." Wir erreichen wieder die Straße, einen harten, breiten Sandweg, der quer durch den Busch nach Norden führt. Gelegentlich sehen wir Emus zwischen den Grasbäumen herumspazieren. Diese eigenartigen Bäume, die hier überall zwischen den Eukalyptusstämmen stehen, erinnern mich jedesmal an ausgefranste Rasierpinsel. Die Emus heben die Köpfe und schauen zu uns herüber. Sie laufen nicht weg. Es sind große, schwere Vögel, die niemandem etwas zuleide tun. Trotzdem machen sie manchmal den Farmern viel Kopfzerbrechen. Sie fressen vor allem Beeren; aber in Dürrezeiten fallen sie in die Weizenfelder ein. Und was sie nicht fressen, das trampeln sie mit ihren kräftigen Beinen und den großen Füßen nieder. Dann entbrennt ein erbitterter Krieg zwischen Farmern und Emus! "Ich habe vor ein paar Jahren einmal eine Emujagd mitgemacht", erzählt Freddy. "Aber es hat mir gar keine Freude gemacht.

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